Im Dunkeln wird man schnell zum Opfer

(Bild: AdobeStock_Julien Eichinger)

23.03.2018 Im Dunkeln wird man schnell zum Opfer

von Karl-Friedrich Berger (ISGATEC GmbH)

Wenn ich die Meldungen aus Wissenschaft und Forschung und die Entwicklungen unserer zunehmend digitalisierten Wirtschaft bewusst wahrnehme, sind wir gerade mitten in einer weiteren, für den ein oder anderen unglaublichen industriellen Revolution.  Solche Revolutionen erfordern traditionell eine hohe Anpassungsfähigkeit, Weitsicht und das Denken in Alternativen.

Die letzten Revolutionen haben uns auch gelehrt, dass sie Augenmaß verlangen. Davon hängt letztendlich ab, ob wir ihre Kinder oder Opfer sind. Viele Aspekte dieser Revolution sind nicht neu, sie verdichten sich gerade und der erreichte Stand der Technik und die Möglichkeiten zur Vernetzung senken die Schwelle für Ihren Einsatz. Die Roboter- und Automatisierungtechnik in Kombination mit einer immer leistungsfähigeren, selbstlernenden künstlichen Intelligenz und Algorithmen werden dazu führen, dass sich immer mehr Produktionsprozesse vom Mensch auf die Maschinen verlagern. Das wirft spannende und provokante Fragen auf – etwa warum müssen Monteure intensiv geschult werden, um Dichtungen fachgerecht auszutauschen und zu montieren? Machen dies Maschinen nicht normenkonformer, zuverlässiger, sicherer und preiswerter? Per 3D-Druck können wir unsere weitreichenden Erkenntnisse aus der Bionik in Produkte übertragen und damit Innovationssprünge machen. Was gestern durch die Einschränkungen der Verarbeitungstechnologien begrenzt war, ist heute vielfach kein Thema mehr. So sind z.B. Silikonformteile produzierbar, die bis vor einem Jahr geometrisch nicht realisierbar waren.  
Die derzeitige industrielle Revolution basiert auf zwei zentralen Ressourcen – Daten und Energie. Während die Ressource „Daten“ in ihrer Gewinnung, Speicherung, Nutzung und Sicherung ein Thema ist, dem man sich mal gesondert widmen sollte, scheint das Thema „Energie“ auf den ersten Blick einfacher. Wir haben uns angewöhnt, dass sie da ist – für alles was wir tun und die Ideen, an den wir arbeiten. Dabei leben wir in einem Land, bei dem noch gar nicht klar ist, wie unsere deutsche Revolution „Energiewende“ ausgeht. Hier soll kein übertriebener Pessimismus aufkommen. Die neuen technologischen Möglichkeiten, bisher Unmögliches möglich zu machen, begeistern mich. Aber von Zeit zu Zeit beschleicht mich auch das Gefühl, ob wir nicht zu leichtfertig von der Rahmenprämisse der unbegrenzt verfügbaren Energie ausgehen und dass sich dies – falls nicht – schon irgendwie regeln wird. Woher kommt die gesicherte Energie im Rahmen der Energiewende angesichts einer steigenden Automatisierung, Digitalisierung unseres Lebens, Elektrifizierung unserer Mobilät etc.? Sie wird natürlich regenerativ produziert, das scheint ja auch schon ganz gut zu klappen. Nur kommt sie derzeit nicht überall an, wo sie gebraucht wird. Bis heute fehlen z.B. die Trassen von Nord nach Süd, um die „grüne Energie“ hier wirksam werden zu lassen. Wie sicher diese Energieversorgung ist, zeigt der Roman „Black out“, das inzwischen die meisten gelesen haben dürften und den anderen zu empfehlen ist, sehr gut. Fazit: Auf der Grundlage von Daten und Energie braucht man heute keine hochbewaffneten Armeen mehr, um hochentwickelte Industriegesellschaften ins Chaos zu stürzen. In dem Buch gab es keinen Plan B für die Gesellschaft, nur ein paar Helden, die es gerichtet haben.
Und wie sieht bei unserer nächsten industriellen Revolution aus, die von ganz unterschiedlichen Kräften getrieben wird? Im freien Spiel der Märkte ist für einen Plan B i.d.R. wenig Platz. Ich bin mir auch nicht sicher, ob wir dieser Revolution darauf vertrauen sollten, dass unsere Entwickler, Konstrukteure, Wirtschaftsbosse und politischen Entscheider mit nur Augenmaß und genug Weitsicht das Richtige tun. Ohne Plan B wird es schneller dunkel, als uns lieb ist – und unsere Fallhöhe wird immer größer. Ob wir dann Kind oder Opfer der Revolution sind, ist damit beantwortet.

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Mit unserer fortschreitenden Technisierung steigt auch die Abhängigkeit von ihr – fällt sie aus, ist es gut, wenn man auf alte „Fähigkeiten“ zurückgreifen kann. (Bild: www.rainer-e-ruehl.blogspot.com)

Mit unserer fortschreitenden Technisierung steigt auch die Abhängigkeit von ihr – fällt sie aus, ist es gut, wenn man auf alte „Fähigkeiten“ zurückgreifen kann. (Bild: www.rainer-e-ruehl.blogspot.com)