Klebverbindungen schonend lösen

Bauteilschonendes Entfügen einer geklebten Karosserieaußenhaut durch den Einsatz des entwickelten Verfahrens (Bild: LWF)

11.08.2022 Klebverbindungen schonend lösen

Forscher der Universität Paderborn und der Hochschule Hamm-Lippstadt haben gemeinsam eine Erfindung getätigt, die das zerstörungsfreie Lösen von Klebverbindungen ermöglicht. Dieses patentierte Verfahren wurde nun an die mycon GmbH verkauft. Die PROvendis GmbH verhandelte im Rahmen des Verbundprojektes NRW Hochschul-IP erfolgreich den Kauf- und Übertragungsvertrag.

Karosserien, Batteriegehäuse oder auch Bauteile im Luftfahrzeug- und Schienenbau sind heutzutage häufig stoffschlüssig geklebt. Um diese unter Nachhaltigkeitsaspekten reparieren, warten und instand setzen zu können, müssen die Klebverbindungen gelöst werden. Stand jetzt werden für diesen Entfügeprozess Bauteile lokal erwärmt, z.B. mit Heißluftgebläsen oder Infrarotstrahlern. Diese Erwärmung geschieht jedoch teilweise ungezielt. Die Komponenten können durch die Hitze beschädigt werden, ein erneutes Kleben oder Weiterverwenden ist dann häufig nicht mehr möglich. Die Forscher Prof. Dr.-Ing. Gerson Meschut, Dr.-Ing. Marc Wünsche und Dr.-Ing. Jan Ditter der Universität Paderborn haben zusammen mit Prof. Dr.-Ing. Michael Wibbeke der Hochschule Hamm-Lippstadt einen anderen Ansatz für das Lösen von Klebverbindungen entwickelt. Das neue Verfahren basiert darauf, die im Klebstoff enthaltenen Elastomere bei niedrigen Temperaturen zu verspröden und so die Trennung mit einem kurzen starken Impuls möglich zu machen. Die Klebverbindung wird dazu auf bis zu -80 °C gekühlt. Die Materialien werden dann durch das spröde Bruchverhalten werkstoffschonend getrennt, die Teile können anschließend wiederverwendet und beispielsweise neu geklebt werden.

Um dieses Verfahren industriell nutzen zu können, haben die Forschenden eine spezielle Vorrichtung zur Tiefkühlung mit flüssigem CO2 entwickelt. Das CO2 aus einer Druckflasche wird gezielt an die zu kühlende Klebverbindung geleitet. Die Forscher haben zusätzlich ein flexibles Kopfstück entworfen, mit dem auch gekrümmte Teile gekühlt werden können. Das Kopfstück wird durch Magnete an Stahlbauteilen gehalten oder kann an die zu kühlende Stelle gedrückt werden. Die mycon GmbH hat die Erfindung bereits in die Praxis gebracht. Es wurde ein Entfügesystem entworfen, welches auf den Arbeiten der Forschergruppe beruht und sich auch aus dem Austausch mit den Forschern speist. Die Entwicklungen wurden mit eigenen Patenten und Innovationen des Unternehmens kombiniert und es wurde ein System erarbeitet, das Reparaturen und Recyclingmaßnahmen erheblich vereinfacht.

Die mycon GmbH, spezialisiert auf Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Produkten und Automatisierungstechniken im Bereich der Industriereinigung, nutzt das System zum Entfügen von Klebverbindungen von Fahrzeugkarosserien. Weitere Einsatzmöglichkeiten werden die Hochschule Hamm-Lippstadt, die Universität Paderborn und die mycon GmbH gemeinsam entwickeln: Auf Basis der erfolgreichen Zusammenarbeit wurde ein Antrag bei der Fördermaßnahme „Auf dem Weg zur nachhaltigen Mobilität durch kreislauffähige Wertschöpfung“ beim Bundesministerium für Bildung und Forschung eingereicht.

Lösungspartner

mycon GmbH
mycon GmbH

 

PROvendis GmbH
PROvendis GmbH

 

Zielgruppen

Konstruktion & Entwicklung, Produktion & Fertigung, Qualitätssicherung, Unternehmensleitung, Vertrieb, Einkauf, Instandhaltung