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18.11.2025 Was haben Konstruktion und Entwicklung vom 3D-Druck?
Dass sich der Einsatz des 3D-Drucks in Konstruktion und Entwicklung i.d.R. lohnt, ist mittlerweile bekannt. Man weiß, was man damit machen kann und welche Vorteile die Technologie bietet. Darüber wurde schon genug berichtet. Wer hier mehr Details braucht, soll googeln oder die KI seines Vertrauens fragen. Doch reicht es, nur über eine Technologie Bescheid zu wissen?
Als Berater für 3D-Druck kenne ich das Problem, dass umfangreiches technologisches Vorwissen nicht zwingend zu ihrem Einsatz führen muss. Dazu fehlt oft das Erkennen bzw. das Bewusstsein, welche Fragestellungen sich tatsächlich im eigenen Unternehmen angehen und lösen lassen. Bis jetzt wurde das auch selten eingefordert – es ging ja auch ohne. Allerdings zwingt die aktuelle Wirtschaftslage Unternehmen dazu, umzudenken. Das kann z.B. die Effizienz, Nachhaltigkeitsziele oder die Tatsache, dass neue Wege beschritten werden müssen, etc. betreffen – nur bitte schnell und mit Geschäftsimpulsen.
Wovor man sich also bisher gedrückt hat, kann jetzt zum Retter in der Not werden, da man das Potenzial des 3D-Drucks ja noch gar nicht genutzt hat. Das gilt auch für viele, die einen kleinen FDM-Desktop-Drucker nutzen und damit eigene Prototypen fertigen und meinen, die Technologie sei damit implementiert. Weit gefehlt, wenn man wüsste, was man damit noch alles machen könnte bzw. müsste.
Dass in der Praxis Schwierigkeiten oft nicht gesehen oder fahrlässig ignoriert werden, hat für den industriellen 3D-Druck zu einem Akzeptanzproblem geführt – getreu dem Motto: „Was man nicht kennt, kann man auch nicht vermissen.“ So bleiben viele Potenziale unentdeckt, da niemand erkennt, dass sie mit 3D-Druck erschlossen werden könnten. Es fehlt die Transformation in die Praxis und es fehlt das Mindset, mit dem Werkzeug 3D-Druck neue konstruktive Wege zu beschreiten. Dabei geht es besonders darum, Schwierigkeiten, Herausforderungen und Probleme zweiter Ordnung zu erkennen. Ein Beispiel: Der blasenfreie Verguss von Elektronikkomponenten wird maßgeblich von der Konstruktion der zu vergießenden Bauteile beeinflusst. Hier gilt es es, ein paar bekannte Regeln zu beachten, aber ob das in der Praxis wirklich – wie gedacht – mit dem ausgewählten Material funktioniert, testet man besser anhand von Prototypen. Die sind im 3D-Druck schnell hergestellt. Damit sich im zu vergießenden Gehäuse auch nichts verschiebt, werden teilweise kleine Kunststoffteile gefertigt, die nur die Aufgabe haben, das Bauteil und wegführende Kabel richtig zu positionieren. In welchem Umfang geschieht die Validierung solcher Bauteile unter Nutzung des 3D-Drucks in der Praxis ? Die Technologie bietet hier ein meist ungenutztes Potenzial. Bauteile lassen sich nicht nur viel filigraner, günstiger und leichter fertigen, um z.B. Kabel in Position zu halten, sondern auch genau so, dass sich beim Einfüllen keine Blasen bilden. Aus dem „Hoffen, dass es klappt“, entsteht ein Prozess, der schon in der Konstruktion Sicherheit für das Unternehmen gibt und Mitarbeitende entlang der Wertschöpfungskette entlastet. Die Produktion muss sich nicht mehr überlegen, mit welchen technischen Finessen sie ein Bauteil optimal vergießt. Die Qualitätskontrolle freut sich über weniger Ausschuss. Unter Total-Cost-of-Ownership-Betrachtungen lohnt sich diese Vorgehensweise – und das ist ein Geschäftsimpuls, nach dem gesucht wurde.
Dieses Beispiel zeigt, dass der Gedanke „3D-Druck first“ bei vielen Themen – auch bei solchen, an die man anfangs nicht gedacht hat – zu einer stressfreieren Lösung führen kann, die Risiken verringert und die Prozesssicherheit erhöht. Das macht deutlich, dass Konstruktion und Entwicklung vom 3D-Druck dann etwas haben, wenn z.B. ihre Arbeit potenzielle Probleme anderer Abteilungen erkennt und durch ihre Arbeit löst. Dazu gehört das Mindset eines nach vorne gerichteten Technologieeinsatzes – in diesem konkreten Fall, ob und wie der 3D-Druck zur Lösung einer Fragestellung beitragen kann. Es macht Sinn, sich bei der Konstruktion von Bauteilen, die verklebt oder abgedichtet werden müssen, mit dem Potenzial des 3D-Drucks für ein Unternehmen zu beschäftigen. Das beginnt am besten mit einer Potenzialanalyse, bei der man am Anfang erst einmal durch ein Unternehmen läuft und es sich durch die „konstruktive 3D-Druckbrille“ anschaut. Ich ahne die Antwort: „Kein Budget, viel zu teuer.“ Schade, denn, was es kostet, dies nicht zu tun, wird so nicht beantwortet.

„Wenn Konstruktion und Entwicklung bei der Nutzung des 3D-Drucks die Transformation von der Theorie in die Praxis schaffen, profitiert ein Unternehmen mehrfach." Johannes Lutz, Geschäftsführer, 3D Industrie GmbH

