Werkstoffkompass FKM

(Bild: AdobeStock_Meaw_stocker)

06.03.2020 Werkstoffkompass FKM

Für hohe Temperaturen und aggressive Medien

von Karl-Friedrich Berger (ISGATEC GmbH)

In den letzten Jahren hat sich die Preisrelation im Vergleich zu anderen Elastomeren wesentlich verbessert, sodass FKM in zunehmenden Maß zum Einsatz kommt.

Das verwendete Vernetzungssystem ist z.T. maßgeblich verantwortlich für die Funktionsfähigkeit im Einsatz. Daher bedarf es einer sehr genauen Analyse aller Einsatzparameter, insbesondere bei zyklischer Fahrensweise. So hat z.B. die Forderung, bei sehr niedrigen Temperaturen einsetzbar zu sein, i.d.R. eine Reduzierung der Spitzentemperatur zur Folge. Eine der spektakulärsten Belege für das Versagen einer solchen Dichtung war die Challenger Katastrophe 1986. Eine FKM-Dichtung war Ursache des Unglücks.

Vernetzungssysteme – Hier sind drei Vernetzungssysteme von Bedeutung. Eine Vernetzung mit geblockten Diaminen bedingt, dass die Produkte nicht dampfbeständig sind. Die Vernetzung mit Bisphenol AF bietet eine höhere Verarbeitungssicherheit und Vernetzungsgeschwindigkeit gegenüber Diamin. Dies reduziert aber die Beständigkeit gegen Treibstoffe mit Methanolzusatz bzw. Motorenöle mit aminhaltigen Stabilisatoren. Eine Vernetzung mit organischen Peroxiden ist nur mit Fluorkautschuktypen möglich, die im Polymer reaktive Stellen enthalten. Diese Fluorelastomertypen haben eine gute Hydrolyse- und Dampfbeständigkeit.

Mischungen –  Fluorkautschuke sind Mischpolymere aus hochfluorierten Kohlenwasserstoffen. Die Mischungen beinhalten weiterhin Füllstoffe, Verarbeitungsmittel, Metalloxide als Säureaufnehmer und Vulkanisiermittel. Auf dem Markt gibt es inzwischen eine Vielzahl unterschiedlicher FKM-Typen, die für definierte Einsatzbereiche vorgesehen sind. Die wichtigsten sind u.a. die Terpolymere sowie kälteflexible, basenresistente, peroxidische und vernetzbare Typen.

Lieferformen/Verarbeitung – Die Endprodukte aus Fluorelastomeren werden zumeist im Compressions-Moulding-Verfahren oder im Autoklav hergestellt. Danach benötigen alle Produkte eine Nachvulkanisation, um die Vernetzungsreaktion zu beenden. Hierbei müssen die Teile drucklos, vereinzelt positioniert sein. Die Produktion ist sehr aufwändig. Die Ofentemperatur muss mindestens so hoch sein, wie die anzunehmende Einsatztemperatur des Artikels. Der Schwund nach der Vulkanisation ist bedeutend höher als bei anderen Elastomeren. Dies muss bei der Werkzeugauslegung berücksichtigt werden.

Besonderheiten und Einflüsse – Fluorelastomere sind flammwidrig und besitzen eine hervorragende Beständigkeit gegen hohe Temperaturen, Ozon, Sauerstoff, Mineralöle, synthetische Hydraulikflüssigkeiten, Treibstoffe, Aromaten, viele organische Lösungsmittel und Chemikalien. Zu beachten ist eine höhere Leckagegefahr bei konstanter Dauertemperatur und/oder zyklischer Fahrensweise. Auch hat FKM eine geringere Strahlungsbeständigkeit als die meisten Elastomere.

Bevorzugte Einsatzbereiche – FKM, FPM werden überwiegend für Anwendungen in der Chemie, Erdölindustrie, Vakuumtechnik und  Luft- und Raumfahrt eingesetzt.

 

Werkstoffprofil
Werkstoff  Fluorkautschuk
Int. Kurzzeichen  FKM
Gruppe  M-Gruppe – gesättigte Kohlenstoff-Hauptkette
Härtespektrum  65 bis 90 Shore A
Anwendungstemperatur  Im Allgemeinen bis - 20 °C dynamisch, bis ca. -30 °C statisch einsetzbar. Bei solchen Einstellungen sinkt allerdings die max. Temperaturbeständigkeit, die üblicherweise bei ca. 200 °C liegt.
Elektrische Eigenschaften  Speziell aufgebaute Fluorelastomere können bei geforderter hoher Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit bei niedrigen Spannungen, z.B. als Isolierung, genutzt werden.
Gasdurchlässigkeit  sehr gering, vergleichbar mit Butyl
Ozon-, Witterungs-, Altersbeständigkeit  hervorragende Beständigkeit
Chemische Beständigkeit  Gute Beständigkeit gegen die meisten anorganischen Medien. Bei Mineralölen und -fetten gibt es keine Verhärtung in geschwefelten Ölen und eine sehr geringe Volumenquellung selbst in hoch aromatischen Ölen. Insgesamt zeigen Fluorelastomere gute Beständigkeit gegen die meisten Additive bei hohen Temperaturen, sind jedoch empfindlich gegen Amine, die zu weiterer Vernetzung führen können. Es kommt dann vielfach zu Verhärtungen und Rissbildungen. In solchen Fällen setzt man die basenresistenten Typen ein. Weiterhin gut beständig sind Fluorelastomere gegen schwerentflammbare Druckflüssigkeiten der Gruppe HFDR und HFDU, Siliconöle und -fette, pflanzliche und tierische Öle und Fette, gegen aliphatische Kohlenwasserstoffe (z.B. Benzin, Butan, Propan, Erdgas usw.), aromatische Kohlenwasserstoffe (z.B. Benzol und Toluol), chlorierte Kohlenwasserstoffe (z.B. Trichlorethylen und Tetrachlorkohlenstoff) und Kraftstoffe. Es gibt keine Schrumpfung nach dem Austrocknen. Ebenso gut sind Fluorelastomere bei methanolhaltigen Kraftstoffen mit speziellem Mischungsaufbau; bei Wasser, wässrigen Lösungen und anorganischen Säuren, wiederum verbunden mit speziellem Mischungsaufbau. Im Hochvakuum ergibt sich nur ein minimaler Gewichtsverlust. Nicht beständig sind FKM gegen polare Lösungsmittel wie z.B. Aceton, Methylethylketon, Ethylacetat, Diethylether und Dioxan, Skydrol 500, Bremsflüssigkeiten auf Glykolbasis, Ammoniakgas und Alkalien (wirken zerstörend auf das Elastomer), gegen überhitzten Wasserdampf (wirkt abbauend) > 150 °C, niedermolekulare organische Säuren, wie Ameisen- und Essigsäure, wasserfreie Flusssäure, Chlorsulfonsäure, aber auch Basen, starke Laugen, Gemische mit Aminen, Röhöl bei 180 °C.
Heißwasser-, dampfbeständig 
Stoßelastizität  sehr gering, 5-10 %, nimmt mit steigender Temperatur rasch zu
Zugfestigkeit  ca. 7-17 N/mm², damit eher gering, bei Sonderqualitäten wiederum gut

Lösungspartner

Zielgruppen

Konstruktion & Entwicklung, Einkauf, Qualitätssicherung, Instandhaltung, Unternehmensleitung