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Stand der Technik ganz allgemein

(Bild: AdobeStock_Studio_East)

30.11.2018 Stand der Technik ganz allgemein

Stand der Technik

von Peter Thomsen (Lannewehr + Thomsen GmbH & Co. KG)

Es gibt bei Dichtungen technische Mittel und Wege, die auf den ersten Blick anscheinend die Lösung für ein Problem bieten. Auf den zweiten Blick und genauer betrachtet werden systembedingte Grenzen deutlich – und Probleme in der Praxis sind dann eigentlich vorprogrammiert. Allerdings sind bei jeder Lösungen auch immer der Stand der Technik zu berücksichtigen. Beim Stand der Technik gibt es in der Praxis immer wieder Missverständnisse.

Die Anwendung des Stand der Technik ersetzt, seit vielen Jahren, die Forderung nach Umsetzung von, meist nicht aktuellen, anerkannten Regeln der Technik. Zum Schutz von Mensch und Umwelt werden fortschrittliche Entwicklungen betrachtet und den Wirtschaftsakteuren zur Anwendung vorgeschrieben. In den Richtlinien, Gesetzen, Verordnungen und technischen Regeln wird die Anwendung des Standes der Technik verlangt, für Verbraucher gilt sogar der Stand von Wissenschaft und Technik. Eine Übersichtstabelle findet man in [1].

Was ist eigentlich der Stand der Technik?Dieser ist ganz klar im Handbuch der Rechtsförmlichkeit definiert; Zitat: „Ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Erreichung des vorgegebenen Schutzzieles als gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg im Betrieb erprobt worden sind. Stand der Technik kennzeichnet den Zustand des jeweiligen technischen Entwicklungsstandes.“
Eine weitere Definition findet sich in EN 45020:2006, Normung und damit zusammenhängende Tätigkeiten - Allgemeine Begriffe, Ziffer 1.4, Zitat: „Stand der Technik: entwickeltes Stadium der technischen Möglichkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt, soweit Produkte, Prozesse und Dienstleistungen betroffen sind, basierend auf entsprechenden gesicherten Erkenntnissen von Wissenschaft, Technik und Erfahrung.“
Wir haben im Umgang mit kritischen Medien und beim Betrieb von Anlagen den Stand der Technik einzuhalten, für Flanschverbindungen im Sinne der Industrieemissionen-Richtlinie [2] gilt sogar die beste verfügbare Technik [1]. Damit wir uns keiner Illusion hingeben, im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) gilt jedes Medium als kritisch, wenn es unter Druck steht, siehe TRBS 2141-3 [3].

Wie wird der Stand der Technik ermittelt?Der Hersteller und der Betreiber von Anlagen müssen regelmäßig proaktiv tätig werden, um den Stand der Technik zu ermitteln. Die Kriterien zur Bestimmung des Standes der Technik findet man z.B. im Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG), Anlage zu §3, Abschnitt (6) oder gleichlautend im Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG), Anlage 3 zu §3, Abschnitt (28). Zitat (Fundstelle: BGBl. I 2013, 1311): „Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Nutzen möglicher Maßnahmen sowie des Grundsatzes der Vorsorge und der Vorbeugung, jeweils bezogen auf Anlagen einer bestimmten Art, insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen:

  1. Einsatz abfallarmer Technologie,
  2. Einsatz weniger gefährlicher Stoffe,
  3. Förderung der Rückgewinnung und Wiederverwertung der bei den einzelnen Verfahren erzeugten und verwendeten Stoffe und gegebenenfalls der Abfälle,
  4. vergleichbare Verfahren, Vorrichtungen und Betriebsmethoden, die mit Erfolg im Betrieb erprobt wurden,
  5. Fortschritte in der Technologie und in den wissenschaftlichen Erkenntnissen,
  6. Art, Auswirkungen und Menge der jeweiligen Emissionen,
  7. Zeitpunkte der Inbetriebnahme der neuen oder der bestehenden Anlagen,
  8. für die Einführung einer besseren verfügbaren Technik erforderliche Zeit,
  9. Verbrauch an Rohstoffen und Art der bei den einzelnen Verfahren verwendeten Rohstoffe (einschließlich Wasser) sowie Energieeffizienz,
  10. Notwendigkeit, die Gesamtwirkung der Emissionen und die Gefahren für den Menschen und die Umwelt so weit wie möglich zu vermeiden oder zu verringern,
  11. Notwendigkeit, Unfällen vorzubeugen und deren Folgen für den Menschen und die Umwelt zu verringern,
  12. Informationen, die von internationalen Organisationen veröffentlicht werden,
  13. Informationen, die in BVT-Merkblättern enthalten sind.“

Was droht bei Nichteinhaltung des Standes der Technik?Den Stand der Technik nicht einzuhalten, ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit Bußgeld geahndet werden kann. Hier ein paar Beispiele:

  • Das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) verlangt unter §66, (1), b) die Anwendung des Standes der Technik. In §69 wird festgelegt, dass die Abweichung vom Stand der Technik mit einem Bußgeld bis zu 50.000 € geahndet werden kann. Dies wird z.B. in der Rohrfernleitungsverordnung (RohrFLtgV) §10, (1), 1. beschrieben.
  • Das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) verlangt unter §5, §7, §22 und §23 die Verwendung der besten verfügbaren Technik, des Stand der Technik. Gemäß §62, (1), 2. und 7. ist eine Zuwiderhandlung eine Ordnungswidrigkeit und kann nach §62, (4) mit einem Bußgeld bis zu 50.000 € geahndet werden.
  • Im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) wird im §60, (1) zweiter Satz, verlangt, dass Abwasserbehandlungsanlagen – im Sinne von Absatz 3, Satz 1, 2 und 3 – nach dem Stand der Technik errichtet, betrieben und unterhalten werden müssen. Gemäß §103 Bußgeldvorschriften, (1) handelt ordnungswidrig, wer dagegen nach 7. vorsätzlich oder fahrlässig verstößt. Die Ordnungswidrigkeit kann gemäß (2) hierfür mit einem Bußgeld bis zu 50.000 € geahndet werden.
  • Das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG), welches z.B. die Umsetzung der Druckgeräte- und Maschinenrichtlinie regelt, verlangt in Abschnitt 9 für überwachungsbedürftige Anlagen, §34, (1), 4., dass sie dem Stand der Technik entsprechen müssen. In Abschnitt 10, Straf- und Bußgeldvorschriften, §39, (1), 7., a) wird ein Zuwiderhandeln als ordnungswidrig eingestuft. Sie kann nach Abschnitt (2) mit einem Bußgeld bis zu 100.000 € geahndet werden. Gemäß §40 wird das Nichtanwenden des Stand der Technik, siehe §39, (1), 7. a), beharrlich wiederholt oder durch diese Handlung vorsätzlich Leben, Gesundheit oder bedeutende Werte eines anderen gefährdet, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.

Fazit
Der Stand der Technik muss umgesetzt werden. Betreiber von Anlagen und Hersteller von Druckgeräten oder Baugruppen sollten sich, ob der drohenden Bußgelder und Strafen mit dem Stand der Technik auseinander- und ihn umsetzen. Viele verwendete Dichtungen und Schrauben/Muttern entsprechen nicht dem Stand der Technik und den harmonisierten Normen. Damit sind wiederum viele Konformitätsbewertungen kritisch. Auch das Montagepersonal muss gemäß Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), §10, (2) und §2, (5) entsprechend dem Stand der Technik ausgebildet und regelmäßig geschult werden. Hiervon kann bei Umsetzung der DIN EN 1591-4 nicht ausgegangen werden.

Literatur
[1] ®flangevalid, Downloads, Technische Informationen, Technische Rechtsbegriffe - Stand der Technik usw.; http://www.flangevalid.com/uploadsallgemein/TechnischeRechtsbegriffeStandDerTechnik.pdf
[2] RICHTLINIE 2010/75/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung), IE-RL
[3] Technische Regeln für Betriebssicherheit TRBS 2141 Teil 3, Gefährdungen durch Dampf und Druck bei Freisetzung von Medien (GMBl. Nr. 40 vom 21. September 2009, S. 854)

 

Lösungspartner

Lannewehr + Thomsen GmbH & Co. KG
Lannewehr + Thomsen GmbH & Co. KG

 

Zielgruppen

Einkauf, Konstruktion & Entwicklung, Instandhaltung, Produktion & Fertigung, Qualitätssicherung, Unternehmensleitung