Energieeffizienz ist auch eine Frage der Dichtung

(Bild: KLINGER GmbH)

26.11.2018 Energieeffizienz ist auch eine Frage der Dichtung

Neue und bewährte Dichtungslösungen für die Energietechnik

von Dipl.-Ing. Norbert Weimer (KLINGER GmbH)

Unsere Energieversorgung ist ein vielschichtiges Thema. Ihre Effizienz hängt von verschiedenen Faktoren, aber immer von den richtigen Dichtungen ab – sei es bei der Rohstoffgewinnung oder beim Einsatz in modernen Energieanlagen.

Silizium ist ein wichtiger Rohstoff, u.a. für die Solartechnik. Seine Gewinnung und Aufbereitung ist komplex und basiert u.a. auf dem effizienten Betrieb von Schmelzöfen. Diese Anlagen müssen viel leisten, wenn es um das Schmelzen von Silizium geht. Typische Ausgangsrohstoffe sind Quarzit oder Quarzsand. Diese geben das gebundene Silizium (als SiO2 vorhanden) nicht gerne frei. Man muss das Silizium mit „brachialer“ Gewalt, d.h. Temperaturen > 2.000 °C, aus der chemischen Verbindung herausreißen. Das entstehende Rohsilizium oder auch metallurgische Silizium ist ein Ausgangsstoff für hochreines Silizium für die Solarindustrie und Mikroelektronik. Den entstehenden staubförmigen Anteil (z.B. Microsilica) nutzt man zudem zur Verbesserung von Betonsorten und stabilisiert damit u.a. Bohrlöcher bei der Erdöl- und Gasgewinnung.

Dieses Produktionsverfahren ist sehr energieintensiv und es entstehen erhebliche Mengen an Abwärme. Um diese sinnvoll zu nutzen, werden Dampferzeuger eingesetzt und der entstehende Dampf wird über Turbinen zur Stromerzeugung eingesetzt. Bei der Anlage in diesem Beispiel werden ca. 180 GWh/a erzeugt, was einem Energieverbrauch-Äquivalent von 12.000 Haushalten entspricht. Somit wird ein erheblicher Beitrag zur Energierückgewinnung geleistet.

Alternative zu Graphitdichtungen
Die Konstruktion dieser Anlage ist anspruchsvoll, da ein Teil der Rohrleitungen elektrisch isoliert sein muss. Auch wenn hier „nur“ 6 bis 10 V Isolationsspannung auftreten, wäre ein elektrischer Kontakt bei den hohen elektrischen Strömen gefährlich. Gleichzeitig hat man mit Dampftemperaturen von 260 bis 270 °C und Dampfdrücken von 50 bis 55 bar zu tun. Dies ist eigentlich ein Einsatzbereich für Graphitdichtungen, wenn da nicht die Leitfähigkeit des Graphites wäre. Bewährt haben sich hier KLINGER®top-chem 2000 (Bild 1). Diese Dichtungen bieten die benötigte Kombination aus hoher Druckstandfestigkeit, guter Isolationswirkung und der Eigenschaft, dass das Material bei diesen Temperaturen nicht aushärtet. Inzwischen läuft die Anlage seit fünf Jahren sicher und zuverlässig – obwohl Einsatzdruck und Einsatztemperatur knapp außerhalb des im p,T-Diagramm empfohlenen üblichen Einsatzbereiches liegen. Wichtiges Entscheidungskriterium war jedoch, dass die mittlere elektrische Durchschlagfestigkeit dieser Dichtungen mit ca. 3.600 V/mm mehr als ausreichend für die Anwendung ist.

Weiterentwickelte Gummi-Stahl-Dichtungen
Ein anderes Beispiel für die Bedeutung moderner Dichtungen im Energiesektor sind weiterentwickelte Gummi-Stahl-Dichtungen. Diese kommen in vielen Branchen zum Einsatz, wobei insbesondere Kombinationen mit FKM und NBR für energierelevante Anwendungen interessant sind.

In der Vergangenheit war die sichere Montage bei diesen Dichtungen nicht immer gewährleistet. Ein schlechte Montage ist – bekanntermaßen – sowohl ein Nachteil für die Effizienz der Anlagen als auch auch ein Risiko für Mensch und Umwelt. Deshalb stand bei der Weiterentwicklung der KGS eine exakte Zentrierung des Stahlringes im Produktionsprozess durch die Formgebung im Fokus. Dadurch sind die Hebelkräfte bei der Flanschmontage gleichmäßig verteilt. Die Krafteinleitung erfolgt symmetrisch – das „Verziehen“ des Flansches ist weniger wahrscheinlich. Die Montagequalität ist damit deutlich höher als bei herkömmlichen Gummi-Stahl-Dichtungen (Bild 2). Die Geometrie ist so gewählt, dass schon bei geringsten Flächenpressungen eine sichere Abdichtung entsteht. Andererseits kann die Dichtung aufgrund kurzer Ausgleichswege des Elastomers enorm hohe statische Lasten abtragen. Damit wird die Verbindung bei höheren Schrauben- und Rohrkräften deutlich sicherer. Spezielle Reservoirbereiche führen dazu, dass trotz der hohen möglichen Verpressung keine Intrusion des Gummis in den Rohrleitungsdurchmesser bzw. keinerlei Extrusion in den Zentrierbereich stattfindet.

Der TÜV SÜD hat Tests durchgeführt und das Leckage-, Ausblas- und Alterungsverhalten geprüft. Das Ergebnis bezüglich der Ausblassicherheit ist: Die Anforderungen der Ausblassicherheitsklasse C konnten sicher nachgewiesen werden – bei einem Druck von 100 bar nach einer Alterung bei 110 °C über 1.500 h.

Die Optimierung der Gummi-Stahl-Dichtung hat noch einen weiteren Effekt: Es wird nur die Menge an Rohstoffen verwendet, die auch für die Funktion benötigt wird. Somit sind die Dichtungen leichter, einfacher zu handhaben und im Transport ressourcenschonend. Aufgrund der deutlichen Verbesserungen wurde das Dichtkonzept zum Patent angemeldet.

Um die Eigenschaften der neuen Dichtung hinsichtlich ihrer Montagequalität zu beurteilen, wurde das Verhalten auf einem Prüfstand im Vergleich zur Standardversion KGS geprüft. Zur schnellen Prüfung und Beurteilung der Montagequalität bietet sich der

Q-Faktor an (Bild 3). Er ist das Produkt von Zielschraubenkraft zu tatsächlich erreichter Schraubenkraft, Differenz von minimaler zu maximaler Schraubenkraft und der Standardabweichung zur Zielschraubenkraft.

Das Elastomer bestimmt den Einsatzbereich
Diese Dichtungen stehen mit verschiedenen Elastomeren für unterschiedliche Einsatzbereiche zur Verfügung: EPDM, NBR, NR, CSM und FKM. Die NBR-Variante zeichnet sich z.B. durch eine gute Beständigkeit gegen aliphatische Kohlenwasserstoffe, Mineralöle und -fette sowie Kraftstoffe aus. Sie ist daher gut geeignet für den Einsatz bei kohlenwasserstoffhaltigen Medien wie Brenngasen. Der Temperatureinsatzbereich reicht von -15 °C bis +110 °C. Verfügbare Zulassungen und Zertifikate sind: DVGW-Zertifikat nach EN 682 GBL EN 681-1 WG Klasse 70 EN 682 GBL Klasse 70 TA-Luft.

Fazit
Diese beiden Beispiele zeigen, dass moderne Dichtungen zu einer effizienteren Energietechnik beitragen und gleichzeitig selber Energie und Ressourcen sparen. Es ist alles ein Kreislauf und moderne Dichtungen sind mittendrin.

Fakten für Konstrukteure/Instandhalter
• Mit modernen Dichtungslösungen lässt sich die Effizienz von Anlagen signifikant verbessern

Fakten für Einkäufer
• Im Rahmen der Gesamtkostenrechnung von Energieanlagen spielen Dichtungskosten kaum ein Rolle, dem Beschaffungspreis sollte deshalb kein Vorrang vor der Performance eingeräumt werden

Fakten für Qualitätsmanager
• Die Dichtungen erfüllen alle relevanten Normen für den Einsatzbereich in verschiedenen Branchen

Kontakt zum Autor

Bild 2: Die neue Gummi-Stahl-Dichtung trägt u.a. durch eine sichere Montage zur höheren Effizienz von Energieanlagen bei, ... (Bild: KLINGER GmbH)

Bild 2: Die neue Gummi-Stahl-Dichtung trägt u.a. durch eine sichere Montage zur höheren Effizienz von Energieanlagen bei, ... (Bild: KLINGER GmbH)

Bild 3: ... was mithilfe des Q-Faktors nachgewiesen wurde (Bild. KLINGER GmbH)

Bild 3: ... was mithilfe des Q-Faktors nachgewiesen wurde (Bild. KLINGER GmbH)

Lösungspartner

KLINGER GmbH

Branchen

Energietechnik

Zielgruppen

Einkauf, Instandhaltung, Konstruktion & Entwicklung, Qualitätssicherung