
(Bild: Ulman/Adobestock_Alexander Limbach)
20.05.2025 Programmerweiterung für Wasserstoffanwendungen
Im Programm der Ulman Dichtungstechnik GmbH befinden sich verschiedenste Werkstoffe – von EPDM (E8307) über FKM (V7S24, V7S64, V9206) bis hin zu FFKM (RIS16) – die nach dem Zertifizierungsprogramm 5101:2021-12* des DVGW, welches am 19.11.2021 in Kraft getreten ist, geprüft und freigegeben sind.
Wasserstoff spielt bei industriellen Prozessen, aber auch in der Antriebstechnik von Fahrzeugen, wie z.B. bei Brennstoffzellen, eine immer wichtigere Rolle. Mittlerweile gibt es daher zahlreiche polymere Werkstoffe, die mit dem Hintergrund entwickelt wurden, eine zuverlässige Abdichtung bei Anwendungen in der Speicherung oder beim Transport von Wasserstoff und bei Anwendungen, wie z.B. bei auf Wasserstoff basierenden Antrieben, zu gewährleisten. Die Werkstoffe sind einerseits hinsichtlich Temperatur oder Druck extremen Bedingungen ausgesetzt, andererseits müssen sie zusätzlich auch hinsichtlich der Durchlässigkeit von Gasen weitere hohe Anforderungen erfüllen.
So besteht ein mehr als hohes Risiko des Dichtungsversagens, wenn es beim Betanken aus z.B. einem Hochdruckspeicher in eine Leitung zu einem plötzlichen Druckabfall in dem System kommt. War zuvor Gas in den Werkstoff eingedrungen und ist darin komprimiert bzw. eingeschlossen, hat es bei einem schlagartigen Abfall des Druckes keine Möglichkeit, wieder schnell genug daraus zu entweichen und es kommt zu einem ebenso schnellen Expandieren der im Werkstoff eingeschlossenen Bläschen. Diese explosive Dekompression führt so zur Zerstörung des Werkstoffes bzw. – damit verbunden – der Dichtung.
Im Werkstoff enthaltene Weichmacher verstärken dabei diesen Effekt, wohingegen u.a. Untersuchungen der BAM gezeigt haben, dass ein mit Ruß gefüllter Werkstoff eine deutlich bessere Performance erbringt. Weitere, in dem Zusammenhang zu lösende Herausforderungen können sein/sind:
- die Rauheit der Kontaktflächen aufgrund der geringen Größe der Wasserstoffatome/-moleküle (mögliche Leckage über die Randschicht)
- ein starker Abfall der Temperatur bei isenthalper Entspannung bzw. Ausdehnung des Gases (Joule-Thomson-Effekt)
- Speicherung der Gase vornehmlich in flüssigem Aggregatzustand, d.h. es herrschen in derartigen Anwendungen generell hohe Drücke und tiefe Temperaturen.
Wasserstoffmoleküle diffundieren aufgrund ihrer Größe grundsätzlich durch bekannte Dichtungswerkstoffe wie Elastomere und PTFE. Selbst das häufig eingesetzte modifizierte PTFE ist noch nicht "dicht" genug, da es aufgrund des Herstellprozesses durch Sintern immer eine gewisse Mindestporosität besitzt. Graphit versprödet zwar nicht, ist aufgrund seiner porösen Struktur jedoch nur bedingt geeignet, die geforderte Dichtheit zu gewährleisten. Metallisch armierte Weichdichtungen können allenfalls statische Anwendungen abdecken. Aber auch bei Metallen kann atomarer Wasserstoff in das metallische Gefüge eindringen und sich dort ablagern, wodurch es zu einem Anstieg des Innendrucks und weiter zur Entstehung von Spannungsrissen kommt. Austenitische Stähle mit hohem Nickelgehalt sind hingegen weitestgehend unempfindlich und teilweise für den Wasserstoffeinsatz freigegeben (z.B. 1.4435, 1.4404 und 1.4307). Die dynamische Abdichtung von Wasserstoff ist dabei eine nochmals verschärfte Herausforderung, da das Gas keinerlei schmierende Eigenschaften besitzt.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es auf die individuelle Anforderung und Einbausituation bei Dichtungen im Einsatz mit Wasserstoff ankommt. Daher ist für den Einsatz von Elastomeren in Anwendungen mit Wasserstoff die genaue Prüfung aller Einsatzbedingungen sowie anschließend daran die Durchführung intensiver Testläufe unerlässlich.
Das Programm der Ulman Dichtungstechnik GmbH umfasst verschiedenste Werkstoffe, ergänzt durch bestehenden Prüfgrundlagen für Elastomere für Erdgas sodass diese nunmehr sowohl für Beimischungen als auch für bis zu 100 Vol% Wasserstoff geprüft und zertifiziert werden können.
*Zertifizierungsprogramm – Verträglichkeit und Permeationseigenschaften von elastomeren Werkstoffen für Dichtungen und Membranen in Gasgeräten und -anlagen gegen Wasserstoff für einen Gehalt von bis zu 100 Vol. % H2
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