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Über das Image von Simulation oder warum führen Simulationen auch zu Missverständnissen?

Eine einfache Validierung der Simulation kann durch Übereinstimmung der Schmelzefront-Positionen bei einer festgelegten Füllung oder Druckstufe erfolgen (Bild: SimpaTec Engineering GmbH)

18.11.2025 Über das Image von Simulation oder warum führen Simulationen auch zu Missverständnissen?

von Dr.-Ing. Michael Bosse (SimpaTec Simulation & Technology Consulting GmbH)

In diesem zweiten Teil der Kolumne über Simulation (Teil 1: Aussagekraft, Praxis­tauglichkeit und Anwendung der Simulation in der Produktion) werden Image und Wirkung der digitalen Abbildungen näher beleuchtet. Wir erinnern uns: Simulation ist der Sammelbegriff für die Darstellung oder Nachbildung physikalisch-technischer Prozesse oder Systeme durch mathematisch-physikalische Modelle. Diese Modelle erlauben Rückschlüsse auf die Eigenschaften des Systems in der Praxis.

Dabei ist es wichtig zu verstehen: In einer technischen Simulation wird der dynamische Ablauf eines komplexen Prozesses nachgespielt, der nicht vollkommen vorhersagbar (deterministisch) ist – also nicht anhand einer mathematischen Gleichung auf einen einzigen festen Wert ausgerechnet werden kann. Die Simulation nutzt zur Bestimmung von Ergebnissen einen mathematischen Algorithmus und darauf abgestimmte Annäherungs-(Konvergenz)Kriterien. Im Prozess-Modell werden Koeffizienten eingesetzt, die z.B. den Material- und Prozessparametern einer Spritzgießverarbeitung entsprechen, die wiederum in Modellen abgebildet sind. Das Ergebnis ist dann nicht deterministisch, sondern wird ausgegeben, wenn eine Konvergenz erreicht ist – also die Berechnungen gegen einen stabilen Wert laufen. Die Modelle sind gegenüber ihren Koeffizienten unterschiedlich sensibel – manche Parameter erweisen sich als überaus prozessbestimmend, andere haben einen geringeren Einfluss.

Wenn sich das Modell hinsichtlich der Praxis auch bei Variationen bewiesen hat, dann ist es überaus wertvoll für die Produktentwicklung: Änderungen in Geometrie, Anschnitt und beim Prozess können einfach, schnell und kostengünstig durchgeführt werden. Jede Optimierung spart bares Geld in der Produktion. Durch jede Beobachtung der Ergebnisse entsteht neues Verständnis für den Prozess. Dieses Verständnis hilft, neue Produkte mit einem enormen Kenntnisvorsprung zu entwickeln.

In dieser Chance liegt jedoch eine Gefahr: Auch Simulationen, die nicht mit der eigenen Praxis abgeglichen wurden, erscheinen zunächst plausibel. Die „bunten Bilder“ verleiten dazu, sie mit der Praxis zu verwechseln – wenn sich dann eine Abweichung an der Maschine ergibt, beginnen die Diskussionen. Wer hat Recht? In der letzten Kolumne wurden bereits drei Kriterien bei der Frage nach der Güte einer (Spritzgieß-) Simulation aufgegriffen:

  • die generelle Eignung der Software,
  • die Frage nach den Zielgrößen und der Validierung an der Maschine sowie
  • die Prüfung, ob in der Simulation die aktuelle und korrekte Geometrie (Versionsnummer des Produktes) verwendet wird.

Prüfen wir nun drei weitere Aspekte:

  • Das Bauteil wird für eine Simulation in diskrete Elemente aufgeteilt. Hier ist zu prüfen, ob die dazu nötige Vernetzung ausgewogen ist und fehleranfällige Details sauber abbildet. Gibt es Netzfehler und werden Volumen und Randschichten hinreichend dargestellt? Insbesondere Übergabestellen zwischen Bauteil und Anbindung müssen sauber definiert sein!
  • Entspricht das bei der Simulation verwendete Material dem geplanten Material der Produktion? Woher stammen die digital abgebildeten Daten und sind die Modelle geeignet? Wurde das Material bereits simuliert bzw. validiert? Sind die Daten aktuell und repräsentativ für die Fertigung? Das Werksprüfzeugnis muss hinsichtlich der abgestimmten Toleranzen gesichtet werden. Sonst entspricht die Simulation zwar dem Prüfdatensatz, aber nicht der gelieferten Charge in Ihrer späteren Produktion!
  • Stimmen die Prozessparameter der Simulation mit den Erfahrungen bei ähnlichen Bauteilen überein? Viele Randbedingungen wie Kennwerte des Werkzeugstahls, Entlüftung, Kühlung und Gravitation haben Einflüsse, die über die erfolgreiche, digitale Abbildung entscheiden.

In der nächsten Kolumne schließen drei weitere Aspekte zur Simulationsgüte die grundsätzlichen Fragen ab. Werden sie angewendet, ist die erfolgreiche Nutzung einer Simulation in greifbarer Nähe gerückt.

Dr. Michael Bosse, Technical Sales, Material- und Prozess­experte, SimpaTec Engineering GmbH
„Simulationen folgen nicht nur der Praxis – sie entfalten kreative Möglichkeiten, die der Praxis oft verborgen bleiben.“ Dr. Michael Bosse, Technical Sales, Material- und Prozess­experte, SimpaTec Engineering GmbH

Lösungspartner

SimpaTec Simulation & Technology Consulting GmbH
SimpaTec Simulation & Technology Consulting GmbH

 

Zielgruppen

Qualitätssicherung, Konstruktion & Entwicklung