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Zukunft ist zum Gestalten da,  die Vergangenheit zum Lernen

(Bild: AdobeStock_ gradt)

09.03.2023 Zukunft ist zum Gestalten da, die Vergangenheit zum Lernen

von Dr. Arno Maurer (OST – Ostschweizer Fachhochschule, Institut für Mikrotechnik und Photonik)

Zukunft ist ja eine recht unbestimmte Größe und sie ist die Zeit, in der wir den Rest unseres Lebens verbringen. Das sollte Motivation genug sein, unsere Kräfte zu fokussieren und die Zukunft so zu gestalten, dass sie komfortabel wird oder bleibt.

Besonders gut ist die Wirkung, wenn sehr viele Akteure bei diesem Vorhaben weltweit zusammenarbeiten. Die Welt der Kunststoffe zeigt, wie wichtig und schwierig dies gleichermaßen ist. „Zukunft gestalten“, war ein guter Grund für 175 Länder, im vergangenen Jahr das erste global koordinierte Programm gegen Plastikverschmutzung zu starten. Schon einige Jahre früher hatten die Vereinten Nationen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung definiert, eine Art Weltzukunftsvertrag. Bis 2030 sollen alle Bewohner der Erde Zugang zu sauberem Wasser, Nahrung, Energie, Bildung und gerechter Behandlung haben. Diese Nachhaltigkeitsziele wurden in nationale Programme umgesetzt und ihre Entwicklung wird mittels Indikatoren verfolgt. 

Für uns Materialfachleute besonders relevant ist das Entwicklungsziel Nr. 12, denn dieses betrifft die Konsum- und Produktionsmuster. Unterziele sind hier etwa eine nachhaltige Bewirtschaftung von Ressourcen und eine Verringerung des Abfallaufkommens. Ein Nebeneffekt solcher Maßnahmen, der aktuell inzwischen im Vordergrund steht, ist der Klimaschutz. Was bedeutet das nun für den Einsatz von Polymeren, Dicht- und Klebstoffen? Rettet es unsere Zukunft, wenn wir wieder mit Hanffasern dichten und mit Knochenleim kleben? So einfach sind die Antworten natürlich nicht – und das ist auch gut so. Typisch für die Dichtungstechnik ist ein stark segmentiertes und hochspezialisiertes Stoffinventar. Diese Komplexität erschwert sowohl Substitutionsversuche durch klimafreundlichere Materialien, als auch das Recycling der hergestellten Produkte. Für die Gestaltung unserer Zukunft benötigen wir einen stark differenzierenden Ansatz, um Lösungen zu finden, die sich positiv auf die Nachhaltigkeit des Produkts auswirken.
Lebenszyklusanalysen können dabei zu überraschenden Ergebnissen führen – oft abseits einer gefühlten Umweltfreundlichkeit. Was die Materialien betrifft, kommen für viele technische Kunststoffe Low- oder Zero-Carbon-Alternativen in Sichtweite, vielleicht bald auch für Hochleistungspolymere. Die Hersteller arbeiten an massenbilanzierten Produkten, bei denen nachwachsende oder recyclierte Materialien, oder sogar CO2 aus der Luft, als Kohlenstoffquelle in bestehende Produktionssysteme und Lieferketten inte­griert werden. Anwendende bekommen somit ihnen vertraute Werkstoffe mit technisch identischen Eigenschaften – jedoch mit einem zertifizierten Anteil an klimaneutralem Kohlenstoff. In Summe werden damit sowohl der Verbrauch fossiler Rohstoffe als auch der Ausstoß von Treibhausgasen zurückgefahren. 

Unabhängig davon hat die Verbindungs- und Dichtungstechnik ein sehr hohes Potenzial, um bereits im Entwurfsstadium der Produkte durch „Rethink“ ein recyclinggerechtes und wartungsfreundliches Design zu erzeugen und so dem Trend zu einer langen Einsatzdauer und einer sinnvollen Verwertung entgegenzukommen. Dies ist ganz im Sinne der von der EU auf den Weg gebrachten und Mitte 2022 beschlossenen Repair Initiative, die erreichen soll, dass Produkte länger funktional bleiben und leichter repariert werden können. 

Solche Maßnahmen können unter Umständen ein weit höheres CO2-Vermeidungspotenzial haben, als allein der Ersatz von Werkstoffen durch solche aus nachwachsenden Quellen. Ganz abgesehen davon, dass gute Dichtungen auch durch ihre eigentliche Bestimmung – das Dichten – dazu beitragen, dass Treibhausgase wie Methan dort bleiben, wo sie hingehören, nämlich im Behälter und in der Leitung. 

Die Frage, welche Lösungen am effektivsten sind, ist also komplex. Was wir dazu aus der Vergangenheit lernen können, ist, wie gut wir bisher für die Zukunft vorgesorgt haben. Schnell kommen uns hier negative Folgen von menschlicher Trägheit und bloßem Gewinnstreben in den Sinn. Probleme und Knappheiten konnten aber immer wieder durch technologische Entwicklungen gelöst werden, und gemeinschaftliches Vorgehen hat sich schon oft bewährt, z.B. beim Verbot von FCKW. Auch hier hilft eine differenzierte Betrachtung. Menschen sind einerseits fehlbar, aber auch kreativ, und wir sind alle Lernende – unser Leben lang. Also: bleiben wir dran – im Sinne von „Let’s make better mistakes next time“. 

Dr. Arno Maurer, Senior Research Scientist, IMP Institut für  Mikrotechnik und Photonik
„Dichtungsmaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen sind ein Ansatz, aber nicht die vollständige Lösung unserer Probleme. Wir müssen die Lösungen größer denken.“ Dr. Arno Maurer, Senior Research Scientist, IMP Institut für Mikrotechnik und Photonik

Lösungspartner

OST – Ostschweizer Fachhochschule, Institut für Mikrotechnik und Photonik
OST – Ostschweizer Fachhochschule, Institut für Mikrotechnik und Photonik

 

Zielgruppen

Einkauf, Instandhaltung, Konstruktion & Entwicklung, Produktion & Fertigung, Qualitätssicherung, Unternehmensleitung, Vertrieb