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Globale Plastikvereinbarung:  „gutes“ Plastik nutzen,  „böses“ Plastik verbieten

(Bild: AdobeStock_ gradt)

17.11.2023 Globale Plastikvereinbarung: „gutes“ Plastik nutzen, „böses“ Plastik verbieten

von Dr. Arno Maurer (OST – Ostschweizer Fachhochschule, Institut für Mikrotechnik und Photonik)

Gerade eben, im November, ist in Kenia die dritte Runde der internationalen Verhandlungen gegen Plastikverschmutzung zu Ende gegangen.

Grundlage ist der ebenso unlängst ausgehandelte Zero Draft [1] des Vertragswerks. Der Vertreter des WWF wertete dies als einen historischen Moment und ein gelungenes Beispiel dafür, wie selbst für ein solch globales, komplexes Problem konkrete und spezifische Regelungen gefunden werden können [2].

Was enthält nun der Zero Draft? Zunächst wird eine Verpflichtung der Vertragsstaaten eingeführt, die Produktion und Lieferung von Neukunststoff auf ein noch festzulegendes globales Level und daraus abzuleitende nationale Höchstmengen zu beschränken. Dies wird durch entsprechende Vorgaben an die Unternehmen, durch Wegfall von Steuervergünstigungen und Marktregulierungen erreicht.

Als nächstes geht es Problemstoffen „an den Kragen“. Die Verwendung von gesundheits- und umweltschädlichen Polymeren und Additiven, einschließlich solcher, die sich negativ auf bestimmte Stationen im Produktlebenszyklus, z.B. das Recycling, auswirken, soll minimiert, verboten oder zeitlich begrenzt werden. Auch hier wird auf entsprechende Listen verwiesen, die noch zu verhandeln und zu erstellen sind.

Weiterhin werden Regelungen zu problematischen und vermeidbaren Produkten aus Plastik getroffen, insbesondere zu kurzlebigen und Einwegartikeln, und es wird hier der Zusatz von Mikroplastik weltweit verboten, so wie es bereits im Oktober von der EU verabschiedet wurde. Auch in das Design von Kunststoffprodukten greift der Zero Draft ein, mit dem Ziel, den Verbrauch von Primärplastik zu verringern, die Produktsicherheit und Wiederverwendbarkeit zu verbessern und die Freisetzung von Schadstoffen und Mikroplastik zu minimieren. Es werden Mindestwerte für die Anteile an recyceltem Kunststoff festgelegt. Ebenso sollen die Vertragsstaaten Systeme zur Wiederbefüllung und Wiederverwertung einführen und propagieren.

Weitere Abschnitte regeln die erweiterte Produktverantwortung, das Abfallmanagement, die Kontrolle unerwünschter Emissionen und die Verminderung der bereits freigesetzten Plastikabfälle. Ein besonderes Augenmerk wird auf eine gerechte und inklusive Umsetzung der Vereinbarung – z.B. im Hinblick auf benachteiligte Gruppen – gelegt. Schließlich werden auch Aspekte der Finanzierung und der nationalen Umsetzung geregelt.

Sieht nach einem recht durchdachten und umfassenden Entwurf aus, oder? Sicher bleibt abzuwarten, wie sich die Vereinbarung nach ihrer Fertigstellung und Ratifizierung 2024 präsentiert. Es sind einige Ausnahmeklauseln eingebaut und es wird bei aller Befürwortung auch Kritik laut, z.B., dass einige Passagen vage bleiben und dass es zu vielen Vorschlägen auch abgeschwächte Optionen gibt. Den Ländern müsse es erst noch gelingen, starke nationale Maßnahmen festzulegen [4]. Klimaschutz und CO2-Steuern als mögliches Regulierungsinstrument werden völlig ausgespart.

Was mich aber optimistisch stimmt, sind Passagen, bei denen es explizit um Maßnahmen zum Aufbau einer länderübergreifenden Kooperation bei Innovation, Erfahrungsaustausch und Technologietransfer geht, außerdem um Reporting und Effizienzprüfung der Maßnahmen sowie Erziehungs-, Bildungs- und Forschungsinitiativen. Auch haben sich Organisationen wie die High Ambition Coalition aus 60 der Teilnehmerstaaten oder z.B. ein Ministerrat der nordischen Länder gebildet, die ein Ende der Plastikverschmutzung bereits bis 2040 erreichen wollen [5]. Und nicht zu vergessen die Vielzahl lokaler und transnationaler Initiativen, die seit Jahren daran arbeiten, in Zusammenarbeit mit den Unternehmen die Plastikflut einzudämmen, beispielsweise die Plastic Bank [5]. Plastik ist also nicht per se gut oder böse – entscheidend ist, wie wir damit umgehen.

Literatur
[1] UNEP: Zero draft text of the international legally binding instrument on plastic pollution, including in the marine environment, 04. Sep. 2023, https://wedocs.unep.org/bitstream/handle/20.500.11822/43239/ZERODRAFT.pdf
[2] A. White: Plastics treaty edges closer with publication of ‘zero draft’, 14. Sept. 2023. https://www.thethirdpole.net/en/pollution/plastics-treaty-edges-closer-with-publication-of-zero-draft
[3] WWF: Draft global plastics treaty shows promise - now countries must back ambitious measures. 4. Sept. 2023, https://wwf.panda.org/wwf_news/?9604966/Draft-global-plastics-treaty-shows-promise---now-countries-must-back-ambitious-measures-says-WWF
[4] Nordic Council of Ministers: Towards Ending Plastic Pollution by 2040. https://pub.norden.org/temanord2023-539/
[5] Plastic Bank: Empowering the World to Stop Ocean Plastic. https://plasticbank.com/

Dr. Arno Maurer,Senior Research Scientist, Mikrotechnik und Photonik, OST Ostschweizer Fachhochschule Mikrotechnik und Photonik
„Bei allen Vereinbarungen für eine bessere Zukunft geht es im Kern um Zusammenarbeit und Kooperation. Das führt dann auch zur höheren Akzeptanz von inzwischen oft herausfordernden Regulierungen.“ Dr. Arno Maurer,Senior Research Scientist, Mikrotechnik und Photonik, OST Ostschweizer Fachhochschule Mikrotechnik und Photonik

Lösungspartner

OST – Ostschweizer Fachhochschule, Institut für Mikrotechnik und Photonik
OST – Ostschweizer Fachhochschule, Institut für Mikrotechnik und Photonik

 

Zielgruppen

Unternehmensleitung, Einkauf, Instandhaltung, Konstruktion & Entwicklung, Produktion & Fertigung, Qualitätssicherung, Vertrieb