
(Bild: SimpaTec)
09.09.2025 Aussagekraft, Praxistauglichkeit und Anwendung der Simulation in der Produktion
In den kommenden drei Kolumnen wird das Thema „Simulation“ aus einer umfassenden und grundlegenden Perspektive näher beleuchtet werden. Jenseits der „bunten Bilder“ ist es von essenzieller Bedeutung, die Grundlagen zu vermitteln, die Wirkungen und Auswirkungen von Simulationen zu verstehen und auf dieser Basis auch die Vertrauenswürdigkeit zu hinterfragen. Was bewirken Simulationsergebnisse in der Praxis, worauf basieren sie, wie verlässlich sind sie und wie sind sie in der Praxis anwendbar?
Es ist kein Geheimnis: Unsere Arbeitswelt ist hochgradig technisiert, komplex und weitgehend unübersichtlich. Um die Zusammenhänge dennoch zu erkennen, sind Rechnertechniken mit ihren Computeranalysen, Statistiken und Simulationen überaus hilfreich. Sie präsentieren Wahrheiten, Prognosen und Zusammenhänge auf eine Weise, die wir als unmittelbar, unzweifelhaft, transparent und offensichtlich wahrnehmen. Damit sind sie aber auch enorm wirkmächtig und lenken unsere Entscheidungen maßgeblich in die eine oder andere Richtung. Genau das ist der Grund, warum sie nicht allein die Grundlage relevanter Entscheidungen sein dürfen, denn sie ersetzen keinesfalls Sachverstand, kritisches Denken und eine respektvolle Distanz – vielmehr erfordern sie diese!
Wenn uns die Simulation in der Welt der industriellen Produktion dienen und unterstützen soll, dann muss sie stets den Bezug zu den Phänomenen in der Praxis behalten – sie muss einschätzbar sein und validiert werden. Ohne einen solchen Bezug „verschwindet“ die Praxis und die Simulation wird mit dem realen Phänomen verwechselt. Dieses Grundverständnis wurde bereits im Jahre 1981 vom französischen Denker Jean Baudrillard in seinem Werk „Simulacra and Simulation“ theoretisch entwickelt. Diese Gedanken dienten nicht zuletzt als Grundlage und Inspiration für die Filmreihe „The Matrix“.
Wird ein dynamischer Ablauf eines komplexen, technischen Prozesses (z.B. das Spritzgießen oder das Ausschäumen einer Kavität) simuliert, so ist das kein „einfaches Ausrechnen“. Der Prozess lässt sich nicht deterministisch exakt erfassen – sonst könnten wir aus den Einstellgrößen auf mehreren Wegen einfach das Ergebnis als Einzelwert ausrechnen. In der Simulation werden immer die Einflüsse in einem den Prozess abbildenden Algorithmus (dem „Modell“) verarbeitet und dann als Ergebnis ausgegeben, wenn die Berechnungen gegen stabile Werte laufen. Dieses Verfahren wird „Konvergenz“ genannt und ist Grundlage bei der Lösung zahlreicher numerischer Verfahren.
Es ist von elementarer Bedeutung, sich von der Simulation niemals das Denken abnehmen zu lassen, sondern die Ergebnisse kritisch auf wichtige Punkte zu überprüfen!
Was bedeutet das für die Praxis? Hier zum Einstieg die ersten drei Kriterien für die Einschätzung der Güte einer (Spritzgieß-) Simulation:
- Generell muss die verwendete Software für den zu simulierenden Prozess geeignet sowie fehlerfrei sein und ihre Eignung bereits in der Praxis bewiesen haben. Übersichtlichkeit, durchgehende Dokumentation, intuitive Nutzung, automatische Prüfung der Eingaben auf Plausibilität und animierte Ergebnisdarstellungen sind ein Muss.
- Es ist wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, welche Ergebnisse erwartet werden und sicherzustellen, dass Fachleute aus der Praxis die Simulation nachvollziehen und auf Plausibilität prüfen. Eine solche Prüfung verlangt immer die Gegenüberstellung von Variationen – wie wirken sich Druck, Temperatur und Geschwindigkeit auf einzelne Ergebnisse aus?
- Im betrachteten Projekt muss die richtige Geometrie abgebildet sein – manchmal unterscheiden sich Konstruktionsversionen durch kleine, aber relevante Details wie Schraubdome, Wandstärken oder Radien.
Dabei ist das Ganze mit der richtigen Vorgehensweise auch gar nicht so komplex, wie viele denken. Schon anhand weniger Standardfragen kann jedes vorliegende Simulationsergebnis sinnvoll interpretiert und als wertvolles Hilfsmittel in einem prozesstechnisch anspruchsvollen Markt genutzt werden.

„Simulation ersetzt weder einen Mangel an Know-how, noch nimmt sie uns das kritische Denken ab – sie ist aber ein hilfreiches Tool.“ Dr. Michael Bosse, Technical Sales, Material- und Prozessexperte, SimpaTec Engineering GmbH