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Keine positiven Aussichten bei deutschen Zulieferern

(Bild: Adobestock_m.mphoto)

30.04.2024 Keine positiven Aussichten bei deutschen Zulieferern

Nach einem schwierigen Jahr bleibt die Lage – nach Aussagen der Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie (ArGeZ) – weiter angespannt. 

Zum Jahresende 2023 gab es bei den deutschen Zuliefererunternehmen ein deutliches Minus bei Produktion und Umsatz. Die Produktion sank um 4,8% und mit 240 Mrd. € setzten die Unternehmen rd. 3,2 % weniger um als noch im Jahr zuvor. Durch diese Entwicklung kommt es aufgrund der inflationsbedingten Lohnkostensteigerungen und einer niedrigeren Auslastung zu weiter steigenden Erzeugerpreisen. Diese haben nach einem zweistelligen Plus im Jahr 2022 erneut zugenommen, auch wenn sich die Dynamik mit einem Plus von 2,9% abgeschwächt hat. Die in Teilen sehr schwache Nachfrage führte im Jahresverlauf zu einer kontinuierlich abnehmenden Kapazitätsauslastung, die vor dem Hintergrund des hohen Kostendrucks und wichtiger Investitionsentscheidungen problematisch ist. Die Auslastung im Jahr 2022 betrug im Schnitt noch 81% , während sie im abgelaufenen Jahr durchschnittlich nur noch bei 76,6% lag. Die Daten verdeutlichen, dass die deutschen Zulieferer ein schwieriges Jahr hinter sich haben und sich im Frühjahr 2024 in einer kritischen Phase befinden.

Die Prognosen für 2024 zur konjunkturellen Entwicklung in den vergangenen Monaten sind sukzessive nach unten angepasst worden. Die mittelständischen Zulieferer starten ohne Auftragspolster und ohne Perspektive auf baldige Nachfrageimpulse in das Jahr. Das spiegeln auch die aktuellen Daten wider. Die Produktion in den ersten beiden Monaten des Jahres nahm um 4,9% zum Vergleichszeitraum des Vorjahres ab, während der Umsatz rund 4,1% niedriger ausgefallen ist. Die mittelständischen Betriebe versuchen, trotz Fach- und Arbeitskräftemangel, die Beschäftigten zu halten. Mit rd. 921.000 Beschäftigten gelang dies im Vorjahr überwiegend. Im Februar 2024 sank die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 1,8%. Die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage hat eine bemerkenswerte Talfahrt hingelegt. Innerhalb eines Jahres rutschte der Saldo der Gut/Schlecht-Bewertungen der Betriebe in den roten Bereich. Von + 14,6 Saldenpunkten im letzen Jahr fiel die Lagebeurteilung dieses Jahr auf - 17,7 Punkte. Nicht einmal jedes fünfte Unternehmen bezeichnet die gegenwärtige Geschäftssituation als „gut". Schlechtere Werte findet man in der jüngeren Vergangenheit nur während der Pandemie und der Weltfinanzkrise.

Für die mittelständischen Automobilzulieferer ist der Produktionsstandort Deutschland noch wichtiger als für die großen Abnehmer. Doch die Automobilproduktion in Deutschland ist seit Jahren rückläufig, von einst (2012) 5,6 Mio. Pkw und Kleintransportern auf nun höchstens 4 Mio. Einheiten. Im ersten Quartal 2024 sind nur knapp 1 Mio. Pkw in Deutschland gebaut worden. Gleichzeitig steigt die Produktion deutscher Autokonzerne im Ausland auf inzwischen über 10 Mio. Fahrzeuge an. Diese schleichende Deindustrialisierung im Automobilsektor führt gerade bei den kleineren Zulieferern zu sinkenden Abrufzahlen, weil im Ausland zunehmend lokal zugekauft wird und nicht jeder Zulieferer mit ins Ausland gehen kann.

In diesem Szenario einer abnehmenden Nachfrage kämpfen viele Zulieferer weiterhin mit im internationalen Vergleich zu hohen Kosten. Auch wenn die Inflationsrate selbst sinkt, sind die inflationsbedingten Kostensteigerungen aus der Vergangenheit noch da. Die Arbeitskosten sind im internationalen Vergleich sehr hoch, auch weil die Anstiege der letzten Jahre nicht durch Produktivitätssteigerungen kompensiert werden konnten. Außerdem fallen Mitarbeitende häufiger krankheitsbedingt aus oder gehen vor Erreichung des Renteneintrittsalters in den Ruhestand. Und die Rekrutierung neuer Mitarbeiter:innen gestaltet sich weiterhin äußerst schwierig.

Außerdem ist das Problem der hohen Energiepreise nicht gelöst. Die Absenkung der Börsenpreise für Strom und Gas sowie die in Aussicht gestellte Absenkung der Stromsteuer täuschen. Das Preisniveau bei Strom und Gas, inkl. Netzentgelten und sonstigen Abgaben, beträgt immer noch das Doppelte bis Dreifache z.B. gegenüber China, Frankreich und den USA. Es darf nicht übersehen werden, dass die Netzentgelte zum Jahreswechsel deutlich gestiegen sind, nachdem der Bundeszuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten gestrichen wurde. Die weiterhin hohen Energiepreise treffen energieintensive Betriebe, die am Anfang der automobilen Lieferkette stehen. Die industriellen Wärmeprozesse bei der Herstellung und Bearbeitung von Zulieferteilen, z.B. aus Metall, Kunststoff, Kautschuk oder Textilien, benötigen aber viel Energie. Das gilt auch für Gas und andere fossile Energieträger, solange Alternativen wie Wasserstoff gar nicht verfügbar sind. Wenn diese Kosten im Markt nicht weitergegeben werden können, schmelzen Liquidität und Eigenkapital alsbald dahin. Fairness und Partnerschaft in der Lieferkette sind da notwendiger denn je. In diesem Umfeld, in dem Kosten weiter ansteigen, hat der Gesetzgeber – nach Aussagen der Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie (ArGeZ) – leider immer noch keine Antworten auf dramatisch anwachsende Wettbewerbsnachteile gefunden.

Die deutsche Zulieferindustrie versteht sich auch als Innovationstreiber für die Transformation des Mobilitätssektors und ist Vorreiter in Sachen Klimaschutz und nachhaltiger Produktion. Sie hat in großem Umfang in die Entwicklung neuer Technologien investiert und neue Produkte, z.B. für Elektromobile, zur Serienreife gebracht. Jetzt muss sie aber feststellen, dass die Hersteller von Elektrofahrzeugen die angekündigten Mengen nicht in dem erwarteten Umfang verbindlich abnehmen. Im ersten Quartal 2024 sind die Neuzulassungs- und Produktionszahlen in Deutschland gegenüber dem Vorjahresquartal gesunken, was sicherlich auch der gestrichenen Förderung geschuldet ist. Viele Zulieferer sind aber erheblich in Vorleistung gegangen und bekommen jetzt nicht die notwendige Rendite, weil sich die Produktion der E-Fahrzeuge nicht in dem Maße entwickelt, wie es notwendig wäre. Diese Abkühlung bei der Nachfrage der Elektromobilität und das ohnehin nach wie vor sehr volatile Bestellverhalten der OEMs und der großen Systemlieferanten bei anderen Fahrzeugtypen bringen viele mittelständische Zulieferbetriebe in Bedrängnis. Das gilt auch für andere Abnehmer, z.B. aus der Windkraftbranche. Im Moment stellen die Zulieferer jedenfalls fest, dass die Transformation kein erfolgreiches Geschäftsmodell ist.

Von der im Juni 2024 neu gewählten EU-Kommission fordert die mittelständische Zulieferindustrie die zügige Vorlage und Umsetzung einer validen Industriestrategie, die Europa wieder gegenüber den USA und Asien dauerhaft wettbewerbsfähig macht. Green Deal und Nachhaltigkeitsthemen, wie z.B. Nachhaltigkeitsberichts- und Lieferkettensorgfaltspflichten, dürfen die politische Agenda in Brüssel nicht mehr allein dominieren. Es geht jetzt darum, der Industrie Vorfahrt einzuräumen, um nicht weiter abgehängt zu werden. Zulieferer spüren bereits heute, dass ihre Finanzierung bei den Hausbanken schwieriger wird. Es darf aber nicht sein, dass die Politik europäischen Unternehmen den Zugang zu Finanzmitteln erschwert, während gleichzeitig die industrielle Wertschöpfung in anderen Regionen der Welt stark wächst. Die EU-Taxonomie darf nicht kommen, denn sie führt zu einer Deindustrialisierung der EU, ohne den Klimaschutz tatsächlich zu fördern.

Lösungspartner

wdk Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie e.V.
wdk Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie e.V.

 

Zielgruppen

Einkauf, Instandhaltung, Konstruktion & Entwicklung, Produktion & Fertigung, Qualitätssicherung, Unternehmensleitung, Vertrieb