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Bei Dichtstellenprojekten wären wir mit der Vorgehensweise längst weg vom Fenster

(Bild: AdobeStock_ DREIDESIGN.com)

12.03.2024 Bei Dichtstellenprojekten wären wir mit der Vorgehensweise längst weg vom Fenster

von Karl-Friedrich Berger (ISGATEC GmbH)

Immer wieder wird gefordert, wir müssten langfristig und vorausschauend denken und handeln. Diese Forderung hält einer nüchternen Ist-Analyse der Realität unseres Landes nicht stand. Es fehlen valide politische und wirtschaftliche Planungsparameter und eine belastbare Vision der vielzitierten Transformation unserer Industriegesellschaft.

Unternehmen haben also derzeit weder ein wirtschaftlich förderliches Umfeld noch einen Rahmen für ihre langfristige Planung. Die Formulierung von unternehmerischen Soll-Zielen ist auf dieser Basis eigentlich Wunschdenken. Wirtschaftsrelevante Entscheidungen in Form von Gesetzen, Verordnungen, Förderungen, die dann wieder kurzfristig gestrichen werden, sind auch keine solide Planungsbasis. Aber es ist nicht alles hausgemacht. Internationale Ereignisse wie die Coronapandemie, die Kriege zwischen Russland und der Ukraine, zwischen Hamas und Israel sowie das Entstehen neuer Macht- und Wirtschaftsblöcke beeinflussen die globale Wirtschaft, in der wir seit Jahrzehnten erfolgreich arbeiten.

Da ist es nicht verwunderlich, dass Unternehmen für Investitionen nach verlässlicheren Alternativen suchen. Denn jedes Wirtschaftsunternehmen hat gelernt, mit begrenzten Ressourcen (Maschinen, Menschen, Finanzen etc.) zu arbeiten und sie möglichst optimal einzusetzen. Diese Ressourcen werden in Deutschland, z.B. aufgrund langjähriger Versäumnisse in unserem Land (Digitalisierung, Infrastruktur, bezahlbare Energie, Fachkräftemangel etc.) und internationaler Rahmenbedingungen, immer knapper. Parallel dazu führen wir Diskussionen, ob wir sparen sollen – z.B. ausgelöst durch das Urteil des Bundesgerichtshofs zur Einhaltung der Schuldenbremse – oder ob wir in unsere Zukunft und Wettbewerbsfähigkeit investieren sollten. Diese Diskussion führen wir auf Basis der höchsten Steuereinnahmen des Bundes in 2023 und einem Einsparungssoll von wenigen Prozent. Klingt nach einem lösbaren Prob­lem für ein leistungsfähiges Controlling. Die Lösung, die unsere Verantwortlichen zunächst gefunden haben (mal sehen wie lange), geht in vielen Bereichen zulasten der Planungssicherheit und höheren Belastungen für Unternehmen.

Aus der Warte eines kleinen oder mittelständischen Unternehmens der Dichtungs-, Kleb- und Polymertechnik betrachtet, kommt noch ein weiterer Aspekt dazu: Diesen Unternehmen fällt es i.d.R. schwerer als Großunternehmen, dem Wirtschaftsstandort Deutschland mit seinen kritischen Rahmenbedingungen und Perspektiven auszuweichen. Aber gerade diese Unternehmen haben hohen Anteil an der Wirtschafts- und Innovationskraft Deutschlands, die immer noch da ist – sein wir ehrlich. Diese Unternehmen brauchen „Planungssicherheit“, da sie nicht planlos arbeiten. Und diese sollte über politische Legislaturperioden und Dogmen verschiedener politischer Kräfte hinweg bei guter Geschäftsführung ein mittel- und langfristiges gutes Ergebnis eines Unternehmens möglich machen. Der Ex-Siemens Vorstand Joe Kaeser hat in einem Interview in FOCUS online für mich einiges auf den Punkt gebracht – es lohnt sich, dieses zu lesen.

Aber betrachten wir die aktuelle Lage mal aus dem Blickwinkel eines Dichtungsprojektes: Wir sollen z.B. eine Dichtstelle auf Basis einer höchst lückenhaften Spezifikation realisieren. Solche Ist-Analysen kennen einige aus der Praxis. Das „Soll“ ist auch schnell formuliert: sicher, günstig, lange Standzeiten (meist weit länger als Legislaturperioden), nachhaltig etc. Die Planung ist dann meist einfacher, weil die Rahmenbedingungen, sind sie einmal ermittelt, nicht mehr so volatil sind, wie unsere wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen. Und gefördert wird hier auch nichts, was die Preisermittlung eigentlich erleichtert. Allerdings schlagen wir uns zunehmend mit der Erfüllung immer neuer Regulierungen rum, die alle gut gemeint sein dürften, aber wahrscheinlich ihre Wirkung verfehlen. Europa ist nun mal keine Insel. Die Dichtstelle wird dann geplant und realisiert oder auch nicht, weil z.B. bestimmte Werkstoffe nicht mehr zur Verfügung stehen. Das Controlling übernimmt der Kunde anhand des Solls. Das funktioniert in der Praxis und ist Treiber für viele Entwicklungen und unseren Fortschritt.

Auf der wirtschaftlich politischen Meta­ebene, ist die Ist-Analyse derzeit wenig Mut machend. Das „Soll“ wird zwar in viele Zahlen gegossen, die jedoch zuweilen am Sinn für Realität zweifeln lassen. Die Realisierung ist eine Frage der Ressourcen – die inzwischen in vieler Hinsicht theoretischer Natur sind, da sie über Jahrzehnte geschwächt wurden, z.B. Infrastruktur, Digitalisierung, Fachkräfte etc. Und ein Controlling werden die heutigen verantwortlichen Akteure nicht erleben, und wenn doch, sicher nicht für falsche Weichenstellungen zur Verantwortung gezogen werden.

Wenn wir so Dichtungen realisieren würden, hätten wir keine zufriedenen Kunden, keine langfristigen Geschäftsbeziehungen und eigentlich keine Zukunft. Ein zentrales Bestreben in der Dichtungstechnik – die technisch beste, wirtschaftliche und nachhaltige Lösung zu realisieren – wäre vielleicht eine gute Basis für eine systemische Vorgehensweise bei der Gestaltung von Rahmenbedingungen oder zumindest ein Ansatz, komplexe, vernetzte Themen nicht immer so erschreckend eindimensional zu behandeln.

Karl Friedrich Berger, Gesellschafter, ISGATEC GmbH
„Wenn wir unser Land wie ein Dichtungs­projekt betrachten würden, hätten wir zumindest einen Ansatz für eine solide Vorgehensweise.“ Karl Friedrich Berger, Gesellschafter, ISGATEC GmbH

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