Bei Fernwärmeübergabestationen  Kosten senken und die Effizienz erhöhen

Aufgelegte 1 ¼ “ Flachdichtung, 2,0 mm, KLINGER®top-chem 2000 (Bild: ewers)

29.11.2019 Bei Fernwärmeübergabestationen Kosten senken und die Effizienz erhöhen

Optimierte Flanschabdichtung mit leistungsfähigen Flachdichtungen

von Gerald Klein (KLINGER GmbH)

Mit leistungsfähigen Dichtungen lassen sich bei Fernwärmeübergabestationen die Kosten in mehrfacher Hinsicht senken und die Anlagenverfügbarkeit erhöhen – ein Praxisbeispiel.

Kennzeichnend für die Anlagen der Nah- und Fernwärme-Übergabestationen der ewers Heizungstechnik GmbH ist der Aufbau gemäß Kundenspezifikation (Bild 1) auf Basis einer flexiblen modularen Bauweise und Verschraubungsverbindungen. So sind viele Kombinationen und Ausführungen aller Leistungsklassen für verschiedene Bauten möglich und dieser Ansatz ist ebenfalls wesentlich für den Aspekt „Power-to-Heat“, also die Speicherung von Überschuss aus erneuerbaren Energien in Form von Wärme. In diesen Anlagen kommt es allerdings auf jedes Detail an – sogar auf die zunächst unscheinbare Flachdichtung (Bild 2), die die Verschraubungsverbindungen abdichtet. Kann sie ihre Aufgabe nicht erfüllen, wird der eigentliche „Cent-Artikel“ in mehrfacher Hinsicht teuer: Ersatzteile, Wartungseinsatz, Leckagen, Aufschwemmen der Dämmung, Korrosion an Bauteilen.

Spezielle Anforderungen an Dichtungen
Anders als bei einer klassischen Flanschverbindung wird bei Verschraubungsverbindungen bzw. Verschraubungsdichtungen die ganze Kraft zur Flächenpressung nur über die Überwurfmutter (Bild 3) auf die Dichtung aufgebracht. Da zudem nichts federt oder nachgeben kann, muss letztlich die Dichtung alle Bewegungen, wie z.B. Temperaturausdehnungen, über ihren geringen Querschnitt bzw. über die Dicke ausgleichen – und das bei kleinster Auflagefläche.

Gleichzeitig wird eine sehr standfeste Dichtung gewünscht, die wenig nachgibt bzw. sich nicht setzt und am besten auch nicht aushärtet – sprich, eine Dichtung, die nicht nachgezogen werden muss und wartungsarm ist. Doch die Realität in einer Nah- oder Fernwärmeübergabestation sah bis vor einiger Zeit noch anders aus. Denn gerade die schwankenden Temperaturen in der Fernwärme von z.B. 90 °C bis 140 °C und die damit verbundene Ausdehnung der Leitungen belasten Standard-Dichtungen u.U. extrem. Faserstoff-Dichtungen mit hohem Elastomeranteil neigen zum einen dazu, sich stark zu setzen, zum anderen härten sie aus und verlieren die notwendige ausgleichende Flexibilität. Dieser Effekt verstärkt sich, je mehr „Gummi“, in der Dichtung ist. Hat die Dichtung also ihre Flächenpressung verloren, kommt es zur Leckage und es tropft irgendwann.

Da zusätzlich die Dämmung die austretende Feuchtigkeit bis zu einem gewissen Grad aufnimmt, werden Undichtigkeiten bei gedämmten Anlagen häufig erst spät erkannt.

Korrosion und Funktionsverlust sind dann regelmäßig die Folgen an Leitungen, Ventilen und anderen Bauteilen der Anlage.

Optimierungspotenziale nutzen
Diese Praxiserfahrungen hat die ewers Heizungstechnik GmbH zum Anlass genommen, sich mit dem Dichtungshersteller zusammenzusetzen und nach einer besseren Lösung für die Verschraubungs-Dichtungen zu suchen.

Gerade auf der „heißen“ Primärseite der Übergabestation mit alkalischem Fernwärmewasser (Vorlauf 90 °C bis 150 °C bei einem Druck von bis zu 40 bar) kommt es schon mal zu leichten Druck- und Temperaturschwankungen. In letzter Konsequenz ging es ewers darum, das System dauerhaft geschlossen zu halten, denn nur so werden Energieverluste minimiert und damit folglich die Effizienz gesteigert – ganz unabhängig vom Wartungsaspekt.

Ausgehend von den technischen Parametern und den Erfahrungen im Feld folgten Berechnungen mit dem KLINGER®expert Dichtungsberechnungsprogramm, die zur Empfehlung des top-chem 2000- (bis zu einer Größe von 1 ¼“) bzw. top-chem 2003-Materials (ab einer Größe von 1 ½“) führten. Eine hochwertige Alternative zur Faserdichtung ist, insbesondere unter Langzeitgesichtspunkten, die Verwendung von KLINGER®top-chem 2000 (bzw. 2003), einer Hochleistungs-PTFE-Dichtung. Sie besteht zu ungefähr gleichen Teilen aus PTFE und Siliciumcarbid (SiC) und erzielt dadurch ihre herausragende Standfestigkeit im Temperaturbereich bis 250 °C sowie eine umfassende Medienbeständigkeit – sowohl im alkalischen als auch im sauren Bereich.

Die Dichtungen unterliegen auch im jahrzehntelangen Einsatz keinerlei Alterung und Versprödung, eine Feuchtigkeitsaufnahme findet nicht statt – auch nicht unter Dampf.

Das extrem geringe Fließverhalten führt in der Praxis zum konstanten Erhalt der Schraubenkräfte während des Betriebs und damit zu einem Maximum an Sicherheit. Ein Nachziehen der Schrauben ist normalerweise nicht notwendig und das Risiko einer Leckage durch nachlassende Flächenpressung wird minimiert.

Feldversuche belegen Erwartungen
Neben der Durchführung von Feldversuchen entstanden in Zusammenarbeit beider Unternehmen zusätzliche technische Empfehlungen für die Montage bzw. für das Anziehen der Dichtverbindungen mit Drehmomentschlüssel wie auch zum Schmieren der Schrauben. Praktische Versuche an Teilen der Anlage mit Fuji-Film-Druckmessfolien (Bild 4) und Schulungen der Montage-Mannschaft resultierten in einer Ergänzung der Arbeitsanweisung „Einbauhinweis richtige Montage einer Flachdichtung“. Nach einer langen Testphase, die durchweg positiv abgeschlossen wurde, hat ewers vor drei Jahren generell auf das neue Dichtungsmaterial in der Primärseite der Wärmeübergabestationen umgestellt. Seitdem sind die Kundendiensteinsätze und Montagezeiten deutlich gesunken und auch die Monteure im Feld bestätigen die einfache Handhabung der Dichtung: Sie klebt weniger am Flansch.

Fazit
Weniger Reklamationen, weniger Kundendiensteinsätze bzw. bei Wartungen eine Fokussierung auf Wichtiges, statt „Dichtungen nachzuziehen oder zu erneuern“. Das spart Kosten und steigert die Energie- bzw. Gesamteffizienz. Letztlich werden durch die gewählten Dichtungen sogar die Gesamtkosten des Anlagenbetriebes vermindert. Weitere Vorteile sind eine Erhöhung der Betriebssicherheit und Lebensdauer der Wärmeübergabestationen.

Fakten für Konstrukteure
• Unterschiedliche Hochleistungsmaterialien erlauben die Anpassung an unterschiedliche Anforderungen – ein Ergebnis der Feldversuche

Fakten für Einkäufer
• Hochleistungsdichtungen rechnen sich bei solchen Anlagen in der Vollkostenrechnung
• Weniger Wartung und Leckagen senken die Folgekosten

Fakten für Qualitätsmanager
• Über Jahrzehnte dichte Anlagen sind ein zentrales Qualitätsargument

Wofür braucht man eine Wärmeübergabestation?

In der Industrie oder in Kraftwerken entsteht häufig mehr Wärme, als für den Prozess oder die Energiegewinnung benötigt wird. Statt diese als Abwärme einfach an die Umwelt abzugeben, wird sie als „Fernwärme“ nutzbar gemacht. Selbstverständlich kann Fernwärme auch gezielt zentral in einem Kraftwerk oder aus massiven Überschüssen bei erneuerbaren Energien erzeugt werden.
Als Wärmeträger dient im allgemeinen Wasser, das über ein Rohrleitungssystem mit Wärmeübergabestationen zu den Verbrauchern übertragen wird. Damit erhält man Wärme zum Heizen oder zur Erwärmung von Brauchwasser für Haushalt und Gewerbe.
Damit die Wärme möglichst verlustfrei vom Erzeugungs- oder Speicherort zum Verwender gelangt, benötigt man über die eigentliche Übergabestation hinaus noch
• Wohnungsstationen, Mess- und Regel­module,
• Wassererwärmungsstationen,
• Hausanschlüsse,
• Heizkreisarmaturen und -verteiler,
• Dämmsysteme sowie
• Speicher und Speicherpodeste, um funktionierende Kreisläufe bauen zu können.

Kontakt zum Autor

Bild 1: Fernwärmestation auf Montagerahmen (System R), Leistung ca. 50 kW (Bild: ewers)

Bild 1: Fernwärmestation auf Montagerahmen (System R), Leistung ca. 50 kW (Bild: ewers)

Bild 2: Verschraubungsverbindung mit 1¼“Flachdichtungen, 2,0 mm (Bild: ewers)

Bild 2: Verschraubungsverbindung mit 1¼“Flachdichtungen, 2,0 mm (Bild: ewers)

Bild 4: gleichmäßiges Druckbild und ausreichende Flächenpressung von ca. 30 MPa (Bild: ewers)

Bild 4: gleichmäßiges Druckbild und ausreichende Flächenpressung von ca. 30 MPa (Bild: ewers)

Lösungspartner

KLINGER GmbH

Branchen

Energietechnik

Zielgruppen

Einkauf, Instandhaltung, Konstruktion & Entwicklung, Qualitätssicherung