Polyurethan = Polyurethan?

(Bild: Demak)

16.09.2019 Polyurethan = Polyurethan?

LEDs sicher vergießen

von Manuel Hüning (LED-Protect GmbH)

Immer wenn Produkte zu Massenprodukten werden, wie z.B. LEDs, gibt es scheinbar günstige Alternativen zu bewährten Lösungen. Die kann man natürlich wählen, sollte nur bei qualitativ hochwertigen Produkte die „Risiken“ beachten.

Im Zuge der voranschreitenden, seit einem Jahrzehnt andauernden LED-Entwicklung ist der Verguss dieser Produkte als Schutz vor Staub, Wasser, Chemikalien & Co. nicht mehr wegzudenken. Zum Einsatz kamen und kommen dabei die unterschiedlichsten Verarbeitungstechniken. Ein Ansatz war z.B. die Kunststoffextrusion. Als kontinuierliches Verarbeitungsverfahren ist sie theoretisch dem diskontinuierlichen Vergussprozess überlegen. Die Hersteller stammen überwiegend aus dem asiatischen Raum und versuchen durch Menge zu beeindrucken – und das schaffen sie auch.

Als sich dann in der Praxis herauskristallisierte, dass die marktgängigen und entsprechend preiswert verfügbaren Thermoplaste dem Polyurethan-Gießharz in einigen Bereichen, wie Shore-Härte, UV-Beständigkeit, Flexibilität etc., dann doch nicht das Wasser reichen konnten, entstanden immer mehr ,,Vergussmanufakturen“, die mit bereits etablierten Herstellern konkurrieren wollten.

Ob Kalkül oder eigenes Unverständnis sei dahingestellt – es wurde leider Normalität, dass man Polyurethan mit Polyurethan gleichsetzte. Der Anwender, im Normalfall also der Leuchtenbauer, kannte und kennt den Unterschied im breiten Spektrum der Polyurethane in den wenigsten Fällen. Ein Grund, weshalb Thermoplaste dem breit aufgestellten Polyurethan nicht das Wasser abgegraben haben, ist, dass es eine unendlich große Zahl an verschiedenen Polyurethansystemen gibt. Es lassen sich alle Härten – von weichelastisch bis glashart – abbilden sowie alle üblichen Anforderungen an Beständigkeiten einstellen – natürlich nicht immer alles zur selben Zeit.

Das führt heute dazu, dass im Marketing auch schon mal quasi Äpfel mit Birnen verglichen werden, d.h. günstige und einfache Polyurethansysteme mit hochwertigen komplexen Polyurethanen in einen Topf geworfen werden. Ganz einfach, indem man angibt, ebenfalls mit Polyurethan zu arbeiten. Gleicher Schutz, gleiche Qualität, gleiches Ergebnis? Das muss natürlich oft verneint werden. Herkömmliche Polyurethane sind nicht uv- und hydrolysebeständig. Allein die in Deutschland gängigen Materialsysteme unterscheiden sich erheblich durch die verwendeten Rohmaterialien. Beim Isocyanat, der Härter-Komponente des Polyurethan, gibt es MDI, HDI, TDI u.v.m. Die verschiedensten Typen können auch auf unterschiedlichste Weisen eingestellt werden. Polyole unterscheiden sich z.B. in Ether und Ester. Auch wirken sich verwendete Katalysatoren erheblich auf die Endeigenschaften aus.

Der Preis führt schon mal in die Irre
Während ein qualitativ hochwertiges Polyurethan mit entsprechenden für den LED-Verguss eingestellten Eigenschaften seinen Preis hat, sind Standardpolyurethane für ca. 50 % des Einkaufspreises zu haben. Wenn man also Produkte einkauft, ob Fertigteil oder Lohnverguss von Aluminiumprofilen, sollte man das verwendete Polyurethan genau spezifizieren.

Ein Beispiel: Man möchte ähnliche Produkteigenschaften erzielen wie ein Marktteilnehmer. Dieser zahlt (rein fiktiv) einen kg-Preis von 15 €. Wenn man nun ein Aluminiumprofil mit der Innenkontur 20 x 20 x 1000 mm (BxHxL)im Lohn vergießen will, ergibt sich folgende Musterrechnung:
• Volumen: 400 g/cm3 (die LED-Stripes u.ä. bleiben hier mal unberücksichtigt)
• Dichte Polyurethan: 1,06 g /cm3
• Gewicht: 0,424 kg/m
• Preisanteil Rohmaterial: 6,36 €/kg

Wenn nun ein Preis von < 7 €/m für den Lohnverguss angeboten wird, egal ob in Deutschland, Polen oder China, dann weiß man eigentlich, was man erhält – nicht viel oder, besser gesagt, kaum das qualitativ benötigte Produkt. Denn die Rohstoffherstellung der Polyurethane verteilt sich auf nur wenige große Unternehmen, d.h. der Verkäufer der Rohstoffe ist oft identisch. Die Preise variieren kaum, höchstens nach Abnahmemenge. Im relativ überschaubaren Lohndienstleistungsbereich mit relativ geringen Durchsatzmengen bleiben hier größere Abweichungen i.d.R. aus.

Richtig spezifizieren ist die Lösung
Es ist also wichtig, ein Produkt vernünftig zu spezifizieren. Testreihen haben ergeben, dass viele Produkte die aus ,,demselben Polyurethan hergestellt werden wie...XXX“ (O-Ton Marketing) – in verschiedenen Testzyklen mit UV-Bestrahlung und in Klimawechselkammern nicht einmal 10 % der Lebensdauer erreichen.

Die Extrusion, um das Eingangsthema nochmal aufzugreifen, kann eine Ergänzung zum Verguss sein. Sie ist durchaus ein interessanter Ansatz für den Leuchtenhersteller – und auch für den Vergussdienstleister. Die Materialentwicklungen, wenn sie genügend spezifiziert sind, ergeben durchaus gute Ergebnisse, um auch in diesen Prozessen zufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen. Hier müssen allerdings verschiedene Aspekte berücksichtigt werden:
• Wie lang muss das Produkt sein?
• Wer konfektioniert es auf Länge?
• Wie sichert man den Einlass?
• Welcher Kabel-Ø ist gewünscht?
• Ist die Kompatibilität zu Endkappe, Kabel und Co. gegeben?

Die Antworten entscheiden über das zu wählende Produktionsverfahren und zeigen, dass auch Massenprodukte wie LED-Leuchten beratungsensibel sind.

Fakten für Einkäufer
• Kein sinnvoller Preisvergleich ohne solide Produktspezifkation
• Extrusion kann unter Berücksichtigung aller Kriterien eine Alternative zum Verguss sein

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